Datum der Verkündung: 08.12.2022
Gericht: Landgericht Heidelberg
Spruchkörper: 5. Zivilkammer
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 5 O 160/21
Vorinstanz: keine
Der Kläger aus Heidelberg nahm von Februar 2014 bis August 2019 an Online Glücksspielen der Online Casino Anbieterin ElectraWorks Ltd. auf ihrer Webseite “Bwin” teil. Dabei verlor der Spieler Einsätze in Höhe von insgesamt 21.431,39 €. Die ElectraWorks Ltd. hat ihren Sitz in Gibraltar. Das Angebot von “Bwin” erfolgte im Internet in deutscher Sprache trotz fehlender deutscher Glücksspiel-Lizenz.
Das Landgericht Heidelberg sprach sich für einen Rückzahlungsanspruch zugunsten des Spielers gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB in Höhe von 21.431,39 € gegen die Beklagte aus. Nach § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Die Spielverträge zwischen der ElectraWorks Ltd. und dem Kläger sind deshalb gemäß § 134 BGB nichtig. Die Leistung erfolgte ohne Rechtsgrund.
Anders als von der Beklagten vorgetragen, ist das Landgericht Heidelberg international zuständig. Dies ergibt sich aus Art. 18 Abs. 1 VO (EU) 1215/2012 (Brüssel Ia-VO/EuGVVO). Der Kläger ist Verbraucher i.S.v. Art. 17 Abs. 1 EuGVVO. Die Beklagte richtet ihre gewerbliche Tätigkeit auf den Mitgliedstaat Deutschland aus.
Die AGB der Beklagten enthielten zwar eine Vereinbarung, nach der die Gerichte von Gibraltar für aus den Spielverträgen entstehende Streitigkeiten zuständig seien. Darauf kann sich die Beklagte jedoch nicht berufen. Denn eine solche Gerichtsstandsvereinbarung ist gemäß Art. 25 Abs. 4 EuGVVO unzulässig. Sie läuft Art. 19 EuGVVO zuwider, nach dem von den gesetzlichen Vorschriften zum Gerichtsstand in Verbrauchersachen nur in wenigen Ausnahmefällen abgewichen werden darf.
Deutsches Recht ist gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom-I-VO anwendbar. Bei Verträgen mit Verbrauchern ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Der Kläger hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Daran ändern auch die AGB der Beklagten nichts, nach deren Ziffer 24 die Spielverträge dem Recht von Gibraltar unterliegen. Diese AGB-Klausel der Beklagten ist wegen eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam. Indem sie keinen Hinweis auf die weiterhin anwendbaren Vorschriften der §§ 306 ff. BGB enthält, verstößt die AGB-Klausel gegen das Transparenzgebot und benachteiligt den Spieler somit in unangemessener Weise, weil dem Spieler durch den fehlenden Hinweis Möglichkeiten zur Durchsetzung seiner Rechte vorenthalten werden. Dass die §§ 306 ff. BGB weiterhin anwendbar sind, ergibt sich wiederum aus Art. 6 Abs. 2 der Rom-I-VO. Danach ist eine Rechtswahl nur dann zulässig, wenn dadurch dem Verbraucher nicht der Schutz zwingender nationaler Vorschriften seines Heimatlandes entzogen wird. Die §§ 306 ff. sind solche zwingende nationale Vorschriften.
Folge der Unwirksamkeit der Ziffer 24 der AGB der Beklagten ist die Anwendbarkeit des gesamten deutschen Rechts.
Das Landgericht Heidelberg nimmt das Vorliegen der Voraussetzungen eines Kondiktionsanspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB an. Für die Nichtigkeit der Spielverträge ist kein beiderseitiger Gesetzesverstoß der Vertragsparteien notwendig. Ein einseitiger Gesetzesverstoß genügt, um die Nichtigkeit zu begründen, wenn ein Bestehenbleiben der Verträge dem Zweck des Verbotsgesetz widersprechen würde. Schutzzweck des § 4 Abs. 4 GlüStV ist der Spielerschutz. Diesem Zweck würde es widersprechen, die Spielverluste den Betreibern verbotener Online-Glücksspiel-Plattformen zuzubilligen.
Die Beklagte trug vor, nicht gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV enthaltene Verbot verstoßen zu haben, weil die zuständige Behörde ihr Online-Glücksspiel-Angebot geduldet habe. Von dieser Darstellung ließ sich die Zivilkammer nicht überzeugen. Eine aktive Duldung durch die Behörde erfordert eine eindeutige und widerspruchsfreie Äußerung der zuständigen Behörde. Eine solche liegt nicht vor. Das bloße “Nichteinschreiten” der Behörde begründet keinen Vertrauensschutz zugunsten der Beklagten, so dass sie durch ihr Online-Glücksspiel-Angebot gegen § 4 Abs. 4 GlüStV verstoßen hat.
Das Landgericht führte überdies aus, dass dem Anspruch eine Kondiktionssperre des § 817 S. 2 BGB nicht entgegensteht. Der Kläger hat mangels Vorliegens subjektiver Voraussetzungen nicht selbst gegen ein Verbotsgesetz verstoßen. Adressaten des § 4 Abs. 4 GlüStV sind nicht die Spieler, sondern die Betreiber von Online-Glücksspiel-Angeboten. Der Spieler hat auch nicht durch seine Teilnahme am illegalen Glücksspiel gegen § 285 StGB verstoßen. Dafür hätte er positive Kenntnis von dem Gesetzesverstoß haben müssen. Bloßes Kennenmüssen des Verbots oder grob fahrlässiges Handeln gegen ein gesetzliches Verbot genügen nicht. Dem bewusst Handelnden steht gleich, wer sich dieser Kenntnis leichtfertig verschlossen hat. Eine vermeintliche Kenntnis des Klägers oder ein leichtfertiges Verschließen vor der Kenntnis hätte die Beklagte hinreichend darlegen und beweisen müssen.
Die Heidelberger Landrichter lehnten diesbezüglich jedes von der Beklagten vorgebrachtes Argument ab, weshalb der Kläger Kenntnis vom eigenen Gesetzesverstoß hatte oder sich dieser zumindest leichtfertig verschlossen habe. Weder der Hinweis auf die Gesetzwidrigkeit der Teilnahme an Online-Glücksspiel in Baden-Württemberg in Ziffer 2 der AGB der Beklagten, noch die Diskussion in den Medien über das Verbot, begründen eine positive Kenntnis des Verbots oder ein sich leichtfertiges Verschließen ihr gegenüber. Von einem Verbraucher kann nicht erwartet werden, dass er die Rechtslage im Hinblick auf das Online-Glücksspiel kennt. Die Frage der Legalität von Online-Glücksspielen war in den Jahren von 2014 bis 2019 in der öffentlichen Diskussion auch nicht derart präsent und insbesondere nicht derart eindeutig geklärt. Zudem kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Verbrauche die AGB liest, bevor er sie akzeptiert. Insgesamt kann der Verbraucher davon ausgehen, dass Angebote, welche er über eine “normale” Suchmaschine im Internet findet, legal sind.
Die Beklagte berief sich darüber hinaus auf die Einrede der Verjährung. Auch dieser Verteidigungsstrategie erklärte das Landgericht eine Absage. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB erst mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können. Es obliegt der Beklagten zu beweisen, dass dieser Zeitpunkt mehr als drei Jahre zurückliegt. Dies ist der Beklagten nicht gelungen.
Es kann dahinstehen, ob ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. besteht.
Die Parteien streiten über einen Rückgewähranspruch in Zusammenhang mit einem von der Beklagten veranstalteten Online-Glücksspiel. Die Beklagte ist ein Online-Glücksspiel-Anbieter aus Gibraltar. Sie verfügte in den Jahren von 2014 bis 2019 über eine Glücksspiellizenz der Glücksspielbehörde von Gibraltar. Über eine entsprechende Glücksspiellizenz für das Bundesland Baden-Württemberg oder Deutschland verfügte die Beklagte in diesem Zeitraum nicht. Die Beklagte veranstaltete im Zeitraum von 2014 bis 2019 auf der von ihr betriebenen Internetseite „Bwin“ öffentliche Glücksspiele im Internet. Die Internetseite ist von Deutschland aus in deutscher Sprache erreichbar. Der Kläger, der seinen Wohnsitz in Baden-Württemberg hat, spielte im Zeitraum vom 28.02.2014 bis zum 20.08.2019 auf der Internetseite der Beklagten BlackJack, Roulette sowie Sportwetten und verlor unter Berücksichtigung der erzielten Gewinne Spielbeträge von insgesamt 21.431,39 €.
Der Kläger akzeptierte vor seiner Spielteilnahme die von der Beklagten gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Setzen eines entsprechenden Häkchens.
Unter „2. RECHTMÄSSIGKEIT DER NUTZUNG DER SERVICES“ ist dort geregelt:
„Sie dürfen die Services nur dann nutzen, wenn Sie 18 Jahre oder älter sind (oder das jeweilige höhere Alter erreicht haben, das nach der Gesetzgebung in Ihrem Land die Voll- jährigkeit bedeutet) und wenn Ihnen diese Nutzung laut geltendem Recht in Ihrem Land erlaubt ist. Sie bestätigen hiermit, dass Sie unsere Dienste nicht von den Vereinigten Staaten, Polen oder den deutschen Bundesländern Sachsen, Baden Württemberg oder Hessen oder einem anderen Gebiet aus nutzen, in dem es zum Zeitpunkt der Bezahlung eines Einsatzes oder der Teilnahme an einem Spiel nicht rechtmäßig ist, Online-Glücksspiele zu spielen. Ferner bestätigen Sie, dass Sie keine Gewinnspiele von Portugal aus spielen. (...) Sie wissen und akzeptieren, dass wir nicht in der Lage sind, Ihnen eine rechtliche Beratung oder Zusicherungen zu gewähren, und dass es in Ihrer alleinigen Verantwortung liegt, jederzeit die für Sie geltenden rechtlichen Bestimmungen einzuhalten und sicherzustellen, dass Sie laut Gesetz uneingeschränkt dazu berechtigt sind, die Services zu nutzen. Ohne den oben aufgeführten Sachverhalt einzuschränken, kann der Zugriff auf unsere Services von bestimmten Regionen aus begrenzt werden. Jede Nutzung der Services unterliegt allein Ihrer Entscheidung und geschieht nach Ihrem Ermessen und zu Ihrem Risiko. Durch die Nutzung der Services bestätigen Sie, dass Sie die Services in keiner Weise als anstößig, unzulässig, unfair oder unanständig bewerten.“
Unter „24. ANWENDBARES RECHT“ heißt es:
„Die vorliegenden Vertragsbedingungen unterliegen dem Recht von Gibraltar. Sie erkennen unwiderruflich die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte von Gibraltar im Fall von Rechtsstreitigkeiten infolge der oder im Zusammenhang mit den vorliegenden Vertragsbedingungen oder deren Durchsetzbarkeit an. (...)“
Der Kläger behauptet, spielsüchtig zu sein und zum Zeitpunkt der Spielteilnahme nicht gewusst zu haben, dass die von ihm getätigten Spiele in Deutschland nicht erlaubt waren. Er ist der Ansicht, der mit der Beklagten geschlossene Glücksspielvertrag sei gemäß § 134 BGB nichtig und er könne die erlittenen Spielverluste sowohl bereicherungsrechtlich als auch deliktsrechtlich von der Beklagten zurückverlangen.
Er beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 21.431,39 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie rügt die internationale Zuständigkeit und ist der Auffassung, es sei auch kein deutsches Sachrecht anwendbar. Aber auch nach deutschem Recht stünden dem Kläger keine Ansprüche zu. Bereicherungsrechtliche Ansprüche seien nicht gegeben. Die Spielverträge seien nicht wegen (beiderseitigen) Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz unwirksam; andernfalls stehe einer Rückforderung entgegen, dass auch der Kläger verbotswidrig gehandelt habe. Deliktische Ansprüche bestünden ebenfalls nicht; es fehle schon am Schutzgesetzcharakter etwa verletzter Normen. Hilfsweise erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat den Kläger persönlich angehört; insoweit wird auf das Protokoll vom 03.11.2022 verwiesen.
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
1.
Das Landgericht Heidelberg ist international zuständig gemäß Art. 18 Abs. 1 EuGVVO (Brüssel - la - Verordnung). Demnach kann der Verbraucher gegen seinen Vertragspartner an dem Gericht des Ortes klagen, an dem er seinen Wohnsitz hat. Art. 18 Abs. 1 EuGVVO ist vorliegend anwendbar. Gemäß Art. 17 Abs. 1 Nr. 1 c) EuGVVO bestimmt sich die Zuständigkeit nach Art. 18 f. EuGVVO, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag sind, den eine Person zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann (Verbraucher) und der andere Vertragspartner in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaats, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Der vom Kläger geltend gemachte Rückzahlungsanspruch ist ein Anspruch aus einem Vertrag im Sinne des Art. 17 EuGVVO. Das Tatbestandsmerkmal „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ ist weit auszulegen und erfasst auch Klagen auf Rückgewähr von Beträgen, die auf der Grundlage eines solchen Vertrags ohne Rechtsgrund gezahlt wurden (EuGH BeckRS 2016, 80666 Rn. 58), wie sie hier vom Kläger geltend gemacht werden. Darüber hinaus können auf Art. 17 ff. EuGVVO im Interesse der Prozessökonomie und eines umfassenden Verbraucherschutzes auch konkurrierende deliktische Ansprüche gestützt werden, wenn die deliktische Schadenshaftung eine so enge Beziehung zu dem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (EuGH BeckRS 2020, 4829 Rn. 58 ff.; Geimer/Schütze EuZivilVerfR/Geimer, 4. Aufl., EUGVVO Art. 17 Rn. 73). Ein solcher enger Zusammenhang liegt hier vor. Er ergibt sich daraus, dass der Kläger als Verbraucher den an seinen Vertragspartner vertragsgemäß gezahlten Einsatz mit der Bergründung zurückverlangt, dass jener den Vertrag unter Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nicht hätte abschließen dürfen (vgl. BGH NJW 2011, 532 Rn. 24 f. zu Art. 13 Abs. 1 LugÜ, §§ 823 Abs. 2 BGB, 32 Abs. 1 KWG). Das Verbot des § 4 Abs. 4 GIlüStV richtet sich gerade gegen Veranstalter und Vermittler von Glückspielen in ihrer Eigenschaft als Vertragsschließende. Der Kläger ist im Hinblick auf den streitgegenständlichen Glücksspielvertrag auch Verbraucher im Sinne des Art. 17 Abs. 1 EuGVVO, da er den Vertrag nicht zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken abgeschlossen hat. Dies gilt ungeachtet der Anzahl seiner Spiele (LG Bochum BeckRS 2022, 9616 Rn. 11). Er hatte seinen Wohnsitz zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Deutschland. Die Beklagte als Vertragspartner hat ihre gewerbliche Tätigkeit unter anderem auch auf Deutschland ausgerichtet, indem sie ihre Dienste auf einer in Deutschland in deutscher Sprache abrufbaren, interaktiven Website angeboten hat (vgl. MüKoZPO/Gottwald, 6. Aufl., Brüssel la-VO Art. 17 Rn. 11; LG Waldshut-Tiengen BeckRS 2021, 26917 Rn. 18). Die Tatsache, dass die Beklagte ihren Sitz in Gibraltar und damit seit dem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zum 31.12.2020 nicht mehr in einem Mitgliedsstaat, sondern nunmehr in einem Drittstaat hat, steht der Anwendbarkeit des Art. 18 EuGVVO nicht entgegen. Der Verbrauchergerichtsstand des Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO erlaubt es dem Verbraucher, beim Gericht seines Wohnsitzes „ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des anderen Vertragspartners“ klagen, also auch dann, wenn der Vertragspartner in einem Drittstaat ansässig ist (MüKoZPO/Gottwald, 6. Aufl., Brüssel-la-VO Art. 18, Rn. 6; Musielak/Voit/Stadler, 19. Aufl., EuGVVO Art. 18 Rn. 5).
2.
Auf die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der Gerichte von Gibraltar kann sich die Beklagte nicht berufen. Eine Gerichtsstandsvereinbarung ist gemäß Art. 25 Abs. 4 EuGVVO nicht zulässig, wenn sie den Bestimmungen des Art. 19 EuGVVO zuwiderläuft (vgl. dazu BeckOGK/Quantz, Stand 01.11.2022, BGB § 307 Gerichtsstandsklausel Rn. 36.2). Das ist hier der Fall. Nach Art. 19 Nr. 1 EuGVVO kann von den Zuständigkeitsvorschriften bei Verbrauchersachen (also unter anderem von dem hier einschlägigen Art. 18 Abs. 1 S. 2 EuGVVO) nur abgewichen werden, wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird (Nr. 1), die Gerichtspflichtigkeit des Vertragspartners des Verbrauchers erweitert wird (Nr.2) oder beide Vertragspartner zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Mitgliedstaat haben und durch die Vereinbarung die Zuständigkeit der Gerichte dieses Staates begründet werden soll (Nr. 3). Keine dieser Varianten liegt hier vor.
3.
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Heidelberg ergibt sich ebenfalls aus Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO, der neben der internationalen auch die örtliche Zuständigkeit regelt (LG Waldshut-Tiengen BeckRS 2021, 26917 Rn. 19; Dauses/Ludwigs/Kreuzer/Wagner/Reder, EU-WirtschaftsR-HdB/, Stand August 2022, Q.Il. Internationale Zuständigkeit Rn. 108).
II.
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung von 21.431,39 € verlangen.
1.
Der vorliegende Sachverhalt beurteilt sich nach deutschem Sachrecht. Das ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 lit. b) Rom-I-VO, da der Kläger in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und als Verbraucher an den Online-Glücksspielen der Beklagten teilnahm, welche ihre gewerbliche Tätigkeit zu diesem Zeitpunkt auch auf Deutschland ausgerichtet hatte. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarten Anwendbarkeit des Rechts von Gibraltar. Die getroffene Rechtswahl ist wegen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam. Die §§ 306 ff. BGB finden vorliegend Anwendung. Eine Rechtswahl nach Art. 3 der Rom-I-VO ist gemäß Art. 6 Abs. 2 Rom-I-VO nur zulässig, wenn sie nicht dazu führt, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch diejenigen Bestimmungen gewährt wird, von denen nach seinem Heimatrecht, also hier nach deutschem Recht, nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf. Dies hat zur Folge, dass die nach deutschem Recht zwingenden Verbraucherschutznormen der §§ 305 ff. BGB auf Verbraucherverträge, die Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland geschlossen haben, in jedem Fall anwendbar bleiben (BGH BeckRS 2013, 3084 Rn. 33; LG Waldshut-Tiengen BeckRS 2021, 26917 Rn. 24). Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen, was gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB insbesondere der Fall ist, wenn die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (Transparenzgebot). Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt hier darin, dass die von der Beklagten verwendete Klausel (Anlage B 43, Nr. 24. ANWENDBARES RECHT) die Vertragsbeziehung vollständig dem Recht von Gibraltar unterwirft, ohne ihn darüber zu unterrichten, dass er nach Art. 6 Abs. 2 Rom-I-VO auch den Schutz der zwingenden Bestimmungen seines Heimatrechts genießt. Dies vermittelt dem Verbraucher den falschen Eindruck, auf den Vertrag sei nur das vereinbarte Recht anwendbar, führt ihn so in die Irre und ist geeignet, ihn von der Durchsetzung seiner Rechte abzuhalten (vgl. EUGH IWRZ 2016, 215 Rn. 71; BGH BeckRS 2013, 3084 Rn. 36; LG Waldshut-Tiengen BeckRS 2021, 26917 Rn. 25; LG Aachen BeckRS 2021, 36592 Rn. 17; Rock, ZfWG 2022, 118 ff.).
2.
Die Anspruchsvoraussetzungen des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 liegen vor. Der Kläger hat seine Spieleinsätze bei der Beklagten ohne rechtlichen Grund getätigt, da der Glücksspielvertrag gegen § 4 Abs. 4 GIlüStV in der Fassung vom 15.12.2011 (im Folgenden: GIlüStV 2012) verstoßen hat und aus diesem Grund gemäß §§ 134 BGB i.V.m. 4 Abs. 4 GIüStV 2012 nichtig war.
a.
Das Verbot der Vermittlung und Veranstaltung von Online-Glücksspiel des § 4 Abs. 4 GIüStV 2012 war zu der Zeit, zu der die streitgegenständlichen Spielverträge abgeschlossen wurden, geltendes Recht. Das Verbot verstößt weder gegen Unionsrecht noch gegen Verfassungsrecht (EuGH NJW 2009, 3221; BVerfG NVwZ 2008, 1338; BVerwG NVwZ 2018, 895 Rn. 33 ff.; LG Hamburg BeckRS 2022, 993 Rn. 29).
b.
Bei § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 handelt es sich um ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Ein Verstoß führt zur Nichtigkeit des Glücksspielvertrags (OLG Frankfurt a. M. BeckRS 2022, 12872 Rn. 44; LG Hamburg BeckRS 2022, 993 Rn. 28; LG Bochum BeckRS 2022, 9616 Rn. 14; LG Waldshut-Tiengen BeckRS 2021, 26917 Rn. 42; vgl. auch BGH NJW 1962, 1671 zu § 1 Abs. 1 Ziff. 2 SpielbVO). § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 fordert nach seinem Sinn und Zweck keine andere Sanktion als die Nichtigkeit des Vertrags. Das Verbot der Vermittlung und Veranstaltung von Online-Glücksspiel dient dazu, das Entstehen von Glücksspielsucht zu verhindern (§ 1 GlüStV 2012). Im Bereich des Online-Glücksspiels hat der Gesetzgeber aufgrund der Anonymität im Internet und der fehlenden sozialen Kontrolle eine besondere Gefahr gesehen und sich daher für ein grundsätzliches Verbot von Glücksspiel im Internet entschieden (Gesetzesentwurf der Landesregierung BW für ein Gesetz zum Glücksspielstaatsvertrag V. 30.10.2007, LT-Drs. 14/1930 S. 35). Diesem Schutzzweck wird am besten gedient, wenn verbotswidrig abgeschlossene Spielverträge als nichtig bewertet und dem Vertrag die Rechtswirkungen genommen werden. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dem Spielerschutz mit der Nichtigkeit der Verträge am besten gedient. Die Nichtigkeit führt dazu, dass jedenfalls gutgläubige Spieler ihre Einsätze nach Bereicherungsrecht zurückfordern können und somit vor Verlusten, die sie infolge illegaler und damit insbesondere staatlich nicht überwachter Glücksspiele erleiden, geschützt werden. Für die hier angenommene Rechtsfolge ist nicht relevant, ob auch der Kläger durch die Teilnahme an dem Glücksspiel der Beklagten gegen ein Verbotsgesetz verstoßen hat. Auch ein einseitiger Gesetzesverstoß kann zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führen, wenn es mit dem Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar wäre, die rechtsgeschäftliche Regelung bestehen zu lassen (BeckOGK/Vossler, Stand 01.06.2022, BGB § 134 Rn. 57; BGH NJW 1981, 399 f.; BGH NJW 1976, 415). Das ist hier aufgrund des genannten Schutzzwecks des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 der Fall.
c.
Indem die Beklagte ihr Online-Glücksspielangebot auch Spielteilnehmern aus Baden-Württemberg wie dem Kläger zugänglich gemacht hat, hat sie gegen das Veranstaltungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 verstoßen. Eine etwaige Erlaubnis der Beklagten nach gibraltarischem Recht ändert mangels Vollharmonisierung des Glücksspielrechts nichts an der Illegalität des Angebots der Beklagten in Deutschland (Hendricks/Lüder, VuR 2021, 333, 334f.). Eine aktive Duldung der Behörden des Online-Glücksspielangebots der Beklagten, die Vertrauensschutz vermitteln und unter Umständen neben ihren verwaltungs- und strafrechtlichen Wirkungen auch zivilrechtliche Bedeutung haben könnte, ist nicht ersichtlich. Eine aktive Duldung bedarf einer Äußerung der zuständigen Behörde, der eindeutig und widerspruchsfrei zu entnehmen sein muss, ob, in welchem Umfang und ggf. über welchen Zeitraum das Handeln geduldet wird, sie also nicht gegen dieses Handeln einschreiten wird (VGH Mannheim NVwZ-RR 2022, 299 Rn. 46; OVG Münster NVwZ-RR 2016, 851 Rn. 37; OVG Münster NVwZ-RR 2016, 851 Rn. 37). Das bloße Nichteinschreiten einer Behörde in Kenntnis des illegalen Zustands („passive Duldung“) begründet hingegen keinen Vertrauensschutz. Vorliegend fehlt es an einer behördlichen Äußerung, der eine bewusste Entscheidung zur Duldung des Online-Angebots der Beklagten eindeutig und widerspruchsfrei entnommen werden könnte. Weder der Umlaufbeschluss der Chefinnen und Chefs der Staats- und Se- natskanzleien der Länder vom 08.09.2020 noch die darauf beruhenden Gemeinsamen Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder in Bezug auf Angebote von virtuellen Automatenspielen und Online-Poker vom 30.09.2020 beinhalten eine auf den Einzelfall ausgerichtete Behördenentscheidung mit Außenwirkung hinsichtlich des Online-Spielangebots der Beklagten. Es handelt sich hierbei vielmehr um bloße abstrakte Vorgaben, die eine Entscheidung der zuständigen Behörde im jeweiligen Einzelfall nicht ersetzen. Eine Vertrauensgrundlage kann aufgrund solcher abstrakter Regelungen, die einer Umsetzung durch die Behörden und einer Einzelfallprüfung bedürfen, nicht entstehen. Zudem entfalten Vollzugsleitlinien als bloßes Behördeninnenrecht keine Außenwirkung, was ebenfalls gegen die Schaffung einer entsprechenden Vertrauensgrundlage spricht (Deiters/Reuker/Wagner, NStZ 2021, 321, 326). Im Übrigen fallen Umlaufbeschluss und Leitlinien in die Zeit nach den streitgegenständlichen Spielverträgen des Klägers. In Ermangelung einer aktiven Duldung kommt es nicht darauf an, ob eine behördenseitige aktive Duldung auf das Zivilrecht durchschlagen würde (verneinend LG Gießen BeckRS 2021, 7521 Rn. 22; LG Bochum BeckRS 2022, 9616 Rn. 17; kritisch dazu Hendricks/Lüder VuR 2021, 333, 339, mit Blick auf die Einheit der Rechtsordnung).
d.
Der Anspruch ist nicht gemäß § 814 BGB wegen Kenntnis des Klägers von der Nichtverpflichtung zur Leistung ausgeschlossen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Kenntnis des Klägers trägt die Beklagte (MüKoBGB/Schwab, 8. Aufl., § 814 Rn. 23). Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich jedenfalls keine positive Kenntnis des Klägers von der Nichtschuld zum Zeitpunkt der Leistung. Der Vortrag der Beklagten hinsichtlich der Kenntnis des Klägers bezieht sich nur auf die Kenntnis von der Illegalität des Glücksspiels, nicht aber auf die Kenntnis von der Unwirksamkeit des Vertrags. § 814 BGB fordert jedoch, dass die positive Kenntnis sich auf das Fehlen der Verbindlichkeit, das heißt auf die Unwirksamkeit des Vertrags bezieht. Der Leistende muss demnach auch die im Ergebnis zutreffende rechtliche Schlussfolgerung gezogen haben, dass der Vertrag nichtig ist (BGH BeckRS 1986, 31070033). Das ist hier von der Beklagten weder vorgetragen noch bewiesen. Auch die persönliche Anhörung des Klägers hat keine Anhaltspunkte für entsprechende Kenntnisse ergeben.
e.
Auch § 817 S. 2 BGB, der über seinen Wortlaut hinaus auch auf die Leistungskondiktion des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB anzuwenden ist (MüKoBGB/Schwab, 8. Aufl., § 817 Rn. 11; BGH NJW-RR 1993, 1457, 1458) und den Grundsatz verkörpert, dass bei der Rückabwicklung Rechtsschutz nicht in Anspruch nehmen kann, wer sich selbst durch gesetzes- oder sittenwidriges Handeln außerhalb der Rechtsordnung stellt (BGH NJW 2013, 401, 403), steht dem Rückforderungsverlangen des Klägers nicht entgegen. Ein die Kondiktionssperre auslösender Gesetzesverstoß des Klägers liegt hier in Ermangelung des Vorliegens der notwendigen subjektiven Voraussetzungen nicht vor. Als Verbotsgesetz greift hier nicht § 4 Abs. 4 GIüStV 2012, da derKläger als Spieler nicht Adressat dieser Regelung ist (LG Waldshut-Tiengen BeckRS 2021, 26917 Rn. 49; Hendricks/Lüder, VuR 2021, 333, 335).
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Kläger vorliegend durch seine Teilnahme an dem illegalen Glücksspielangebot der Beklagten die objektiven Voraussetzungen des § 285 StGB erfüllt hat. Denn die Rechtsschutzversagung des § 817 S. 2 BGB aus generalpräventiven Erwägungen ist nur gerechtfertigt, wenn daneben auch gewisse subjektive Voraussetzungen vorliegen. Hier ist mindestens zu fordern, dass sich der Leistende der Einsicht in den Gesetzesverstoß, also hier in den Verstoß gegen § 285 StGB, leichtfertig verschlossen hat (BGH NJW 2013, 401 Rn. 27; BGH NJW 1989, 3217, 3218; OLG Frankfurt a. M. BeckRS 2022, 12872 Rn. 50; BeckOK-BGB/Wendehorst, Stand 01.05.2022, 8 817 Rn. 16; MüKoBGB/Schwab, 8. Aufl., § 817 Rn. 87; enger LG Waldshut-Tiengen BeckRS 2021, 26917 Rn. 51 ff., das Vorsatz hinsichtlich der Illegalität des Glücksspiels fordert). Die Beweislast für diese rechtshindernde Einwendung trägt die Beklagte (OLG Frankfurt a. M: BeckRS 2022, 12872 Rn. 50; LG Hamburg BeckRS 2022, 993 Rn. 34). Dass der Kläger sich der Illegalität des von der Beklagten angebotenen Glückspiels leichtfertig verschlossen hat, ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht; auch seine persönliche Anhörung hat dafür keine Anhaltspunkte erbracht. Es ist von einem Verbraucher nicht ohne weiteres zu erwarten, dass er die Rechtslage in Hinblick auf Online-Glücksspiel kennt, zumal die Beklagte selbst in ihrer Klageerwiderung vorträgt, ihr Angebot sei nicht illegal und insbesondere von den zuständigen Behörden geduldet gewesen. Wenn selbst die Beklagte von der Legalität des Angebots ausgeht, muss der Kläger als Verbraucher erst recht nicht wissen, dass die Teilnahme an dem von der Beklagten veranstalteten Glücksspiel illegal ist. Die Frage der Legalität von Online-Glücksspielen war in den Jahren von 2014 bis 2019 in der öffentlichen Diskussion auch nicht derart präsent und insbesondere nicht derart eindeutig geklärt, dass sich dem Kläger die Illegalität des Angebots der Beklagten deswegen hätte aufdrängen müssen.
Davon, dass es allgemein bekannt war, dass Online-Glücksspiel in allen Bundesländern außer Schleswig-Holstein generell verboten und nicht genehmigungsfähig war, kann im streitgegenständlichen Zeitraum nicht ausgegangen werden (a.A. LG München | BeckRS 2021, 11488 Rn. 32). Das Unterlassen einer Internetrecherche vor dem Nutzen einer den Eindruck der Legalität vermittelnden Websites begründet noch kein leichtfertiges Verschließen vor der Illegalität des Glücksspiels. Von einem offensichtlichen Aufdrängen der Illegalität kann nicht gesprochen werden, wenn es zur Klärung dieser Frage zunächst noch einer Recherche bedarf. Der Verbraucher kann grundsätzlich davon ausgehen, dass Angebote, die er über die „normalen“ Suchmaschinen im Internet findet, auch legal sind, zumal die Beklagte nach ihrem eigenen Vortrag auf ihrer Website damit wirbt, über eine Glücksspielerlaubnis nach gibraltarischem Recht zu verfügen (und das Vertragsverhältnis zudem in ihren AGB allein gibraltarischem Recht unterstellen will). Dies vermittelt dem Verbraucher den Eindruck von Legalität. Eine Kenntnis oder ein leichtfertiges Verschließen lässt sich auch nicht aus den von dem Kläger vor der Spielteilnahme akzeptierten allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten herleiten, die in Nr. 2.1 eine Klausel enthält, wonach die Spieler mit dem Akzeptieren der AGB bestätigen, dass ihnen die Nutzung laut geltendem Recht in ihrem Land erlaubt ist und sie die Dienste der Beklagten nicht „von (...) Baden Württemberg (...) oder einem anderen Gebiet aus nutzen, in dem es zum Zeitpunkt der Bezahlung eines Einsatzes oder der Teilnahme an einem Spiel nicht rechtmäßig ist, Online-Glücksspiele zu spielen“. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher AGB tatsächlich liest, bevor er sie akzeptiert (LG Aachen BeckRS 2021, 36592 Rn. 23). Hiervon geht auch der Gesetzgeber aus und hat dementsprechend einen Schutz vor überraschenden Klauseln geschaffen (vgl. BT-Drs. 7/3919, 19). In dem Nichtlesen der AGB liegt ebenfalls kein leichtfertiges Verschließen vor der Illegalität. Es kann von einem Verbraucher nicht erwartet werden, dass er die Allgemeinen Geschäftsbedingungen liest, um sich von der Legalität des ihm ohne Hindernis zugänglichen Angebots des Betreibers der Internetseite zu überzeugen. Der Verbraucher muss grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass ein ansonsten den Eindruck von Legalität vermittelnder Online-Dienst, der von seinem Land aus unproblematisch über „normale“ Suchmaschinen erreichbar ist und bei dem man sich von dem Wohnort aus unproblematisch anmelden kann, in den AGB einen Hinweis auf die Illegalität des Angebots enthält. Vielmehr kann der Verbraucher erwarten, dass der Anbieter dafür Sorge trägt, dass auch ohne genaues Lesen der AGB erkennbar ist, dass das Angebot aus bestimmten Ländern nicht genutzt werden darf (a.A. LG Duisburg BeckRS 2016, 140146 Rn. 32). Die durchgeführte Anhörung des Klägers zu der Frage der Kenntnis von der Illegalität der Spielteilnahme hat nichts anderes ergeben.
Aufgrund des Fehlens der subjektiven Voraussetzungen des § 817 S. 2 BGB kann dahinstehen, ob die Norm bei illegalem Glücksspielangebots zugunsten des Leistenden teleologisch zu reduzieren ist (bejahend LG Bochum BeckRS 2022, 9616 Rn. 19; LG Gießen BeckRS 2021, 7521 Rn. 24; LG Aachen BeckRS 2021, 36592 Rn. 26; LG Köln BeckRS 2021, 32804 Rn. 63; verneinend LG München | BeckRS 2021, 11488 Rn. 33; LG Bonn BeckRS 2021, 44724 Rn. 29; LG Wuppertal BeckRS 2021, 51895 Rn. 18). Ebenso kann dahinstehen, ob § 817 S. 2 BGB in entsprechender Anwendung der §§ 827 f. BGB Deliktsfähigkeit voraussetzt (bejahend MüKoBGB/Schwab, 8. Aufl., § 817 Rn. 88; Hendricks/Lüder, VuR 2021, 333, 337f.) und ob diese bei dem Kläger mit Blick auf die von ihm behauptete Spielsucht vorlag.
f.
Eine Saldierung des Anspruchs des Klägers nach der Saldotheorie mit bereicherungsrechtlichen Ansprüchen der Beklagten findet nicht statt. Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Kläger durch die Teilnahmemöglichkeit und die Gewinnchance, die sich nicht verwirklicht hat und deren Wertigkeit aufgrund der Nichtigkeit des Spielvertrags zweifelhaft ist (vgl. dazu BGH NJW 1962, 1671, 1672: LG Waldshut-Tiengen BeckRS 2021, 26917 Rn. 46), einen kondizierbaren vermögenswerten Vorteil erlangt hat, da ein etwaiger Bereicherungsanspruch der Beklagten gegen den Kläger jedenfalls an § 817 S. 2 BGB scheitert. Die Beklagte hat durch ihre Leistung, sofern es sich bei der Eröffnung der Gewinnmöglichkeit überhaupt um eine solche handelt, gegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 sowie gegen § 284 StGB verstoßen und dabei die subjektiven Voraussetzungen des § 817 S. 2 BGB erfüllt. Eine teleologische Reduktion zugunsten der Beklagten als Anbieterin des Glücksspiels kommt nicht in Betracht (Hendricks/Lüder, VuR 2021, 333, 337; Kemper, Verbotenes Online-Glücksspiel und verbotene Zahlungen, S. 204). Aus diesen Gründen geht auch die von der Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung ins Leere.
g.
Der Anspruch des Klägers für den geltend gemachten Zeitraum von 2014 bis 2019 ist nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB erst mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Dass der Kläger bereits im Jahr 2017 oder vorher Kenntnis von der Illegalität des von der Beklagten angebotenen Online-Glücksspiels hatte, hat die Beklagte nicht bewiesen. Auch eine grobe Fahrlässigkeit des Klägers kann nicht angenommen werden. Eine solche wird durch den Hinweis in den AGB der Beklagten nicht begründet. Die Klage ist noch im Jahr 2021 eingereicht und in Anbetracht der Erforderlichkeit einer Auslandszustellung noch „demnächst“ i.S.d. § 167 ZPO zugestellt worden.
3.
Dahinstehen kann, ob sich der Anspruch auch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 4 Abs. 4 GlüStV 2012 ergibt, und damit insbesondere die Frage, ob es sich bei § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 um ein Schutzgesetz handelt (bejahend LG Aachen BeckRS 2021, 20002 Rn. 35; zweifelnd LG München | BeckRS 2021, 11488 Rn. 39ff.) und ob die verlorenen Einsätze einen Schaden im Sinne der Differenzhypothese darstellen (bejahend LG Aachen BeckRS 2021, 20002 Rn. 38; verneinend LG Wuppertal BeckRS 2021, 51895 Rn. 21; LG Hildesheim BeckRS 2020, 48282 Rn. 4).
4.
Der geschuldete Betrag ist gemäß §§ 291, 288 BGB seit Rechtshängigkeit zu verzinsen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.