Ob Poker, Black Jack, Spielautomaten oder vor allem auch Sport- bzw. Fußballwetten - viele Menschen in Deutschland nutzen Glücksspiele dieser Art als einen gelegentlichen Zeitvertreib. Insbesondere seit verschiedene Plattformen, Wettanbieter und Spielcasinos das Glücksspiel im Internet zu jeder Zeit zugänglich gemacht haben, erlebt die gesamte Branche einen regelrechten Boom. Im Jahr 2019 betrugen die im regulierten Glücksspielmarkt umgesetzten Bruttospielerträge alleine in Deutschland knapp 11,30 Milliarden Euro.
Hinzu kommen noch einmal rund 2,65 Milliarden Euro, die im unregulierten Glücksspielmarkt eingesetzt wurden. Das Glücksspiel im Allgemeinen offenbart dabei ein nicht zu unterschätzendes Suchtpotenzial. Die Glücksspielsucht ist inzwischen zu einem fest in der Gesellschaft verankerten Problem geworden.
Glücksspiele sind gemäß ihrer rechtlichen Definition Spiele, deren Ausgang nicht von der eigenen Geschicklichkeit und den persönlichen Fähigkeiten abhängt. Dies ist zum Beispiel bei den klassischen Lotterien der Fall. Aber eben auch Wetten sowie typische Casino-Spiele wie Roulette und Poker fallen in diesen Bereich. In Deutschland gilt der Glücksspielmarkt dabei als Bestandteil des Freizeitmarktes und unterliegt der staatlichen Regulierung. Der Glücksspielstaatsvertrag (in Kurzform: GlüStV) legt gemeinsam mit den einzelnen Glücksspielgesetzen der Bundesländer den gesetzlichen Rahmen fest.
Generell unterscheiden musst Du in diesem Kontext zwischen diesem regulierten Markt und dem nicht-regulierten Glücksspielmarkt. Im regulierten Markt sind dabei ausschließlich Glücksspiele zugelassen, die eine deutsche Konzession besitzen. Dies trifft zum Beispiel auf Geldspielgeräte in Spielhallen oder Lotto zu, während Online-Poker oder auch im allgemeinen Online-Casinos im nicht-regulierten Markt angesiedelt sind
Laut einer von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (in Kurzform: BZgA) in Auftrag gegebene aktuelle Repräsentativbefragung im Rahmen einer zwölfmonatigen Prävalenz (Kennzahl für die Krankheitshäufigkeit innerhalb eines bestimmten Zeitraums) weisen rund 230.000 Personen zwischen 16 und 70 Jahren ein problematisches Spielverhalten auf. 200.000 Personen gelten in Deutschland als so bezeichnete pathologische Spieler. Bei diesen pathologischen Spielern handelt es sich um Menschen, die unter einer Impulskontrollstörung leiden. Diese führt zu einem zwanghaften Spielen, was letztendlich in der Spielsucht mündet.
Die Betroffenen sind in einem solchen Stadium dann unfähig, dem Impuls zum Wetten respektive zum Glücksspiel zu widerstehen. Dafür ignorieren die pathologischen Spieler sogar die mitunter äußerst gravierenden Konsequenzen sowohl im persönlichen und familiären als auch im beruflichen Umfeld. Traditionell sind gerade die klassischen Automaten mit einem hohen Suchtfaktor ausgestattet. In den vergangenen Jahren verlagerte sich die Glücksspielsucht allerdings immer stärker in die Bereiche Sportwetten und Online-Poker.
Die Sucht kommt dabei niemals von heute auf morgen. Vielmehr ist sie als Konsequenz aus einer schleichenden Entwicklung zu verstehen, wobei der Übergang vom Spaß und reinen Entertainment hin zur Glücksspielsucht immer fließend verläuft. Im Anfangsstadium schaffen es Betroffene in der Regel, ihre Glücksspielsucht gegenüber den Mitmenschen zu verbergen. Das zwanghafte Spielen wird hier von dem Betroffenen selbst noch nicht als eine Sucht angesehen.
Erst wenn sich das Wetten bzw. das Spielen auf die eigene finanzielle Situation niederschlägt, wird meistens auch das Umfeld des Betroffenen auf das ungewöhnliche Verhalten aufmerksam. So kommt der Spielsüchtige auf einmal nicht mehr seinen finanziellen Verpflichtungen nach. Das Geld für Miete und für die Abzahlung des Bankkredits wandert stattdessen direkt in den Glücksspielautomaten, das Wettbüro oder das Online-Casino.
Zudem ist häufig zu beobachten, dass sich ein zwanghafter Spieler in erster Instanz gerade von Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten Geld leiht, um seine Spielsucht zu finanzieren. Zu diesem Zeitpunkt ist längst das Spielen und Wetten in den Mittelpunkt des eigenen Lebens gerückt. Nahestehende Menschen sowie auch andere Interessen und Hobbys werden vernachlässigt. In dieser Phase besitzen die Spieler keine Kontrolle mehr über ihr Verhalten, da bereits der Zwang zum Spielen das eigene Leben dominiert.
Die ersten Erfahrungen mit dem Glücksspiel machen die Deutschen in der Regel im Rahmen von Freizeitaktivitäten. Werden dabei Gewinne generiert, löst dies positive Gefühle bei dem jeweiligen Spieler aus. Viele spielen dann direkt weiter, um ihre Gewinne und die positiven Gefühle noch weiter zu steigern. Die Einsätze werden höher, gleichzeitig steigt das Risiko. Eine Emotionalisierung tritt ein. Das Gewinnen wird quasi als persönlicher Erfolg verbucht. Je mehr Gewinne verbucht werden können, desto größer wird im Endeffekt auch das Suchtrisiko. Wer dagegen bereits mit seinen ersten Einsätzen leer ausgeht, lässt meistens schnell wieder die Hände von einem intensivierten Glücksspiel.
Erreicht ein von der Glücksspielsucht bedrohter Spieler diese zweite Ebene des Entwicklungsprozesses, erreicht er bereits eine Spielfrequenz, die weit über das Normalmaß hinausgeht. Außerdem steigen auch die eingesetzten Beträge weiter. Als Konsequenz aus diesem Spielverhalten kommt es jetzt zu deutlichen und vor allem zu spürbaren finanziellen Verlusten. Die auftretenden Probleme werden durch die Fokussierung auf das Spiel aber ausgeblendet und deren Bewältigung nicht angegangen. Betroffene verheimlichen in dieser Phase gezielt ihren Spielzwang und greifen auf Geld für die Lebenshaltungskosten oder Familienersparnisse zurück. Zudem leihen sie sich Geld. Dieses Gesamtverhalten sorgt sowohl in der Familie als zum Beispiel auch am Arbeitsplatz für Konflikte unterschiedlicher Art.
In dieser Phase findet die zuvor schleichende Entwicklung ihren Höhepunkt. Das Spielen wird zu einem echten Zwang. Beim Einsatz gehen viele Betroffene jetzt maximale Risiken ein. Das gesamte Vermögen bzw. der gesamte Besitz kann auf dieser Entwicklungsebene dem Glücksspiel zum Opfer fallen. Verluste schrecken längst nicht mehr ab. Stattdessen sind zwanghafte Spieler davon überzeugt, dass sie verlorenes Geld wieder zurückgewinnen können. Lügen im Hinblick auf die Spielsucht und die eigene finanzielle Situation zählen fortan zu den typischen Verhaltensweisen.
Die finanziellen Engpässe, die durch das Spielen und Wetten entstehen, bringen noch eine weitere Gefahr mit sich: eine steigende kriminelle Energie. Denn wenn Spielern das Wasser finanziell bis zum Hals steht, ziehen sie schnell auch kriminelle Aktivitäten (Betrug, Diebstahl etc.) in Betracht, um sich das nötige Geld für das Glücksspiel zu besorgen. Gleichzeitig nehmen in den meisten Fällen allerdings auch die Schuldgefühle und die Selbstverachtung zu. Viele Betroffene wissen um ihre Probleme mit dem Glücksspiel. Sie haben aber nicht mehr genügend Kontrolle über ihr Verhalten und ihr Leben, um der Sucht gezielt entgegensteuern zu können. Hier wird jetzt dringend professionelle Hilfe benötigt.
Der Weg in die Sucht wird dabei von unterschiedlichen Faktoren zusätzlich begünstigt. Insbesondere die eigenen Charakter- und Persönlichkeitseigenschaften spielen hier eine prägnante Rolle.
Diese persönlichen Eigenschaften können suchtbegünstigend wirken:
- keine stabile Persönlichkeit
- leicht beeinflussbarer Charakter
- ein geschwächtes Selbstwertgefühl
- eine schlechte Konfliktbewältigung
- eine erhöhte Impulsivität
- narzisstische Persönlichkeitszüge
- eine vergleichsweise große Risikobereitschaft
- bereits bestehende Suchtproblematiken (Alkohol, Drogen etc.)
- eine Neigung zu Depressionen
Aber auch das soziale Umfeld ist als Faktor nicht zu vernachlässigen. Haben Sie zum Beispiel viele Bekanntschaften und Kontakte direkt im Zocker-Milieu oder verfügen Sie nicht über intakte Familienverhältnisse und ein gesundes soziales Umfeld, steigert dies die Gefahr der Glücksspielsucht. Aber auch die Glücksspiele selbst weisen zahlreiche Attribute auf, die suchtbegünstigend wirken.
- Gerade online oder auch in physischen Spielcasinos setzen Spieler virtuelle Währungen oder Jetons ein. Da sie also nicht direkt mit echtem Geld spielen, sinkt automatisch die Einsatzhemmschwelle.
- Aufgrund kurzer Auszahlungsintervalle werden Verluste schnell wieder vergessen bzw. ausgeblendet.
- Die Atmosphäre der Spielumgebung ist auf die maximale Fokussierung und Konzentration der Spieler auf das Wesentliche ausgerichtet: auf das Spiel selbst. Das motiviert die Besucher sowohl von Online-Glücksspielseiten als auch von klassischen Automaten, Spielhallen und Casinos.
- Können Gewinne eingefahren werden, lässt dies schnell die Ansicht reifen, dass auch hohe Gewinne jederzeit im Bereich des Möglichen liegen. Zudem werden Gewinne oftmals so interpretiert, dass diese erst durch die eigene Einflussnahme überhaupt möglich geworden sind. Es entsteht also ein Lerneffekt im umgekehrten Sinne.
- Einen besonderen Reiz üben vor allem Kombinationen aus Glücksspielen und den eigenen Interessen aus. Bestes Beispiel hierfür sind Fußballwetten. Diese Nähe zu eigenen Hobbys und Interessengebieten erhöht gleichzeitig auch die Lust auf das Wetten bzw. auf das jeweilige Glücksspiel.
Auch wenn die Anbieter von Glücksspielen inzwischen Maßnahmen wie Account-Sperrungen oder Einzahlungslimits in ihr Portfolio aufgenommen haben, um präventiv der Suchtgefahr entgegenzuwirken, schaffen es viele Betroffene nicht, sich selbst aus der Glücksspielsucht zu befreien. Oftmals stellt daher eine professionelle Spielsucht-Therapie die einzige Möglichkeit, um aus dem Teufelskreis der Glücksspielsucht auszubrechen. Eine Spielsucht-Therapie hilft zwanghaftes Spielen erfolgreich zu bekämpfen.
Die grundsätzliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist dabei die Motivation des Spielsüchtigen. Das ist auch der Knackpunkt, denn die Erfahrung zeigt, dass viele Betroffene auch dann noch weiterspielen, wenn der finanzielle und auch persönliche Ruin droht. Erst wenn zum Beispiel die Kündigung der Wohnung wegen Mietrückständen im eigenen Briefkasten landet oder der Ehepartner die Scheidung einreicht, sind sie zu einer entsprechenden Therapie bereit.
Therapeutische Hilfe bei Spielsucht kannst Du auf zwei verschiedene Arten erhalten. Eine ambulante Therapie ist dann zu empfehlen, wenn die Unterstützung von Familie und Freunden gewährleistet ist. Diese erleichtert dem Therapie-Patienten den Wiedereinstieg in den normalen Alltag.
Sind diese Voraussetzungen allerdings nicht gegeben oder weist der Betroffene einen sehr hohen Sucht- bzw. Abhängigkeitsgrad auf, ist demgegenüber immer eine stationäre Therapie zu empfehlen. Dies hat zum einen den Vorteil, dass der Spielsüchtige erst einmal gar nicht mit der Versuchung konfrontiert wird. Zum anderen stehen Ihnen in Deutschland mittlerweile zahlreiche Kliniken zur Verfügung, die spezielle Behandlungsmethoden und -programme für Spielsüchtige anbieten.